Nachtzug by Barbara Wood; Gareth Wootton

Nachtzug by Barbara Wood; Gareth Wootton

Autor:Barbara Wood; Gareth Wootton
Die sprache: de
Format: mobi
ISBN: 9783104002408
Herausgeber: Fischer e-books
veröffentlicht: 2011-11-26T03:45:03+00:00


Bruckner und Sergej lagen im Bett entspannt nebeneinander. Das warme Essen, der Wodka und das Bad hatten beiden ein Gefühl von Wohlbehagen und Wärme gegeben, und das einzige Geräusch, das die Ruhe der Nacht störte, ging von der Heizung aus.

Wahrscheinlich wäre die Hitze unerträglich gewesen, wenn die Männer nicht nackt gewesen wären.

Nachdem er eine Weile an die dunkle Decke gestarrt und sich noch einmal die außergewöhnlichen Ereignisse vor Augen gehalten hatte, die zu seiner jetzigen Situation geführt hatten, stemmte sich Sergej aus dem Bett und ging in die kleine Küche. Dort begann gerade ein Topf Wasser zu kochen, in den er für ein paar Sekunden eine Flasche mit Massageöl eintauchte. Als er zurückkehrte, reichte er seinem Freund ein Wasserglas voll Wodka. Bruckner stürzte das Getränk pur hinunter und ließ sich dann zurückfallen, um das angenehme Prickeln im Magen zu genießen.

Sergej legte eine Hand auf Bruckners Gesäßhälfte und stieß ihn leicht an, damit er sich umdrehte.

»Ich bin froh, daß ich dich getroffen habe«, murmelte Bruckner in sein Kopfkissen, »mein Leben war vorher so öde. Es ist schon ganz angenehm, einen persönlichen Sklaven zu haben.« Er gab ein kurzes, trockenes Lachen von sich. »Auch wenn du ein elender Deserteur bist.«

»Du darfst so was nicht sagen, auch nicht im Scherz.«

»Warum denn nicht, es stimmt doch. Und wenn mir je danach wäre«, er schnippte mit den Fingern, »dann könnte ich dich der Gestapo ausliefern. Was, glaubst du, würden sie mit dir anstellen, Sergej? Du weißt doch, daß die Wehrmacht bei der Roten Armee keine Gefangenen macht. Sie erschießen sie oder lassen sie wie Hunde im Schnee verhungern.«

»Und was würden sie mit dir tun? Du hast mir geholfen, mich zu verstecken. Du hast mir sogar den Job im Restaurant besorgt und jedem erzählt, ich sei ein polnischer Flüchtling aus der Ukraine.«

»Stimmt, du hast recht. Aber ich würde dich nicht ausliefern, Sergej, nicht solange du lieb zu mir bist. Die Schultern bitte, ah ja, das ist gut. Und das ganze kostbare Essen, das du mitgehen läßt. Solange wir uns umeinander kümmern, kochany Sergej, werden wir ein angenehmes Leben haben. Aber wenn mir je etwas zustoßen sollte, dann …«

Die sehnigen Muskeln am Arm des Russen traten hervor, als er etwas fester massierte. Bruckner beendete seinen Satz nicht mehr. Sergej war sich nur allzu deutlich seiner Überlebenschancen bewußt, wenn Bruckner stürbe. Nicht etwa, daß ihre Beziehung glücklich und von Liebe erfüllt gewesen wäre – Bruckner war dafür viel zu kalt und berechnend –, aber wenigstens verriet er nicht seine Identität und bot ihm ein angenehmes Versteck, das einem Konzentrationslager oder dem langsamen Tod im Schnee bei weitem vorzuziehen war.

Als sie aus der Ferne das Mitternachtsgeläute der Kirchenglocken hörten, seufzte Sergej versonnen und murmelte: »Ein glückliches neues Jahr, moy kochany.«



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